Ein russischer Gutsbesitzer, Nikolai Alexandrowitsch Motowilow, erzählt seine Begegnung mit dem hl.Seraphim, dem Starez:
„Es war an einem Donnerstag. Ein trüber Tag. Ziemlich tief lag der Schnee auf der Erde; vom Himmel fielen dichte Schneeflocken nieder, als Vater Seraphim mit mir eine Unterredung auf seiner Wiese begann, die nahe bei seiner näheren Einsiedlerklause am Bach Sarowka, am Berge liegt und bis an das Ufer des Baches heranreicht. Er gebot mir, mich auf den Stumpf eines von ihm eben gefällten Baumes zu setzen, und hockte selber vor mir nieder. 'Der Herr hat mir offenbart', sagte der große Starez, 'dass Ihr in Euren Knabenjahren voller Eifer zu erfahren trachtetet, was das Ziel unseres christlichen Lebens sei,
und Ihr habt des öfteren viele bedeutende geistliche Persönlichkeiten darum befragt ...' Ich muss hier einschalten, dass mich dieser Gedanke von meinem zwölften Lebensjahr an immer wieder beschäftigte, und ich hatte mich wirklich an viele geistliche Personen mit dieser Frage gewandt, doch hatten mich deren Antworten nicht befriedigt. Dem Starez war das unbekannt. 'Niemand aber', fuhr der Starez fort, 'hat Euch hierüber etwas Bestimmtes gesagt.
und Ihr habt des öfteren viele bedeutende geistliche Persönlichkeiten darum befragt ...' Ich muss hier einschalten, dass mich dieser Gedanke von meinem zwölften Lebensjahr an immer wieder beschäftigte, und ich hatte mich wirklich an viele geistliche Personen mit dieser Frage gewandt, doch hatten mich deren Antworten nicht befriedigt. Dem Starez war das unbekannt. 'Niemand aber', fuhr der Starez fort, 'hat Euch hierüber etwas Bestimmtes gesagt.
Man sagte Euch: Geh zur Kirche, bete zu Gott, erfülle die Gebote Gottes, tue Gutes - da hast du das Ziel des christlichen Lebens! Einige zürnten Euch sogar, dass Ihr von einer nicht gottwohlgefälligen Neugierde ergriffen wäret, und sagten: Suche nicht nach höheren Dingen über dir! Sie haben Euch nicht so geantwortet, wie sie es hätten tun sollen. Ich, der armselige Seraphim, will Euch auseinandersetzen, worin dieses Ziel nun wirklich besteht.
Gebet, Fasten, Wachen und alle anderen christlichen Werke mögen an und für sich noch so gut sein, aber das Ziel unseres Christenlebens ist nicht nur im Verrichten dieser Werke zu suchen, wiewohl sie unerlässliche Mittel sind, um dieses Ziel zu erreichen. Das wahre Ziel unseres christlichen Lebens besteht in dem Erwerben des Heiligen Geistes Gottes. Achtet wohl darauf, dass nur ein um Christi willen verrichtetes gutes Werk Früchte bringt. Alles aber, was nicht um Christi willen geschieht, wenn es auch gut ist, trägt uns keinen Lohn ein im künftigen Leben.
So ist es, Euer Gottliebden! So besteht denn in dem Erwerben eben dieses göttlichen Geistes das wahre Ziel unseres christlichen Lebens; Gebet aber, Wachen, Fasten, Almosen und andere um Christi willen getane gute Werke sind nur Mittel für die Erwerbung des Geistes Gottes.'
Gebet, Fasten, Wachen und alle anderen christlichen Werke mögen an und für sich noch so gut sein, aber das Ziel unseres Christenlebens ist nicht nur im Verrichten dieser Werke zu suchen, wiewohl sie unerlässliche Mittel sind, um dieses Ziel zu erreichen. Das wahre Ziel unseres christlichen Lebens besteht in dem Erwerben des Heiligen Geistes Gottes. Achtet wohl darauf, dass nur ein um Christi willen verrichtetes gutes Werk Früchte bringt. Alles aber, was nicht um Christi willen geschieht, wenn es auch gut ist, trägt uns keinen Lohn ein im künftigen Leben.
So ist es, Euer Gottliebden! So besteht denn in dem Erwerben eben dieses göttlichen Geistes das wahre Ziel unseres christlichen Lebens; Gebet aber, Wachen, Fasten, Almosen und andere um Christi willen getane gute Werke sind nur Mittel für die Erwerbung des Geistes Gottes.'
'Wieso denn ein Erwerben?' fragte ich den Vater Seraphim. 'Das verstehe ich doch nicht ganz...'
'Erwerben ist dasselbe wie erlangen', antwortete er mir. 'Ihr versteht doch, was es heißt: Erwerben von Geld. Genauso ist es auch mit dem Erwerben des Geistes Gottes. Ihr versteht doch. Euer Gottliebden, was erwerben im weltlichen Sinne bedeutet? Das Ziel des weltlichen Lebens der gewöhnlichen Menschen ist das Erwerben von Geld; beim Adligen aber darüber hinaus noch das Erlangen von Ehren, Auszeichnungen und anderen Belohnungen für dem Staate erwiesene Dienste. Das Erwerben des Geistes Gottes ist ebenfalls ein Kapital, doch ist es ein gnadenreiches und ewiges Kapital; und wie Geld, Standesehren und zeitliche Ehren wird es fast auf dem gleichen Wege erworben, auf einem Wege, der dem andern sehr ähnlich ist.
Gott-Logos, unser Herr, der Gottmensch Jesus Christus, vergleicht unser Leben mit einem Markt, und das Werk unseres Lebens auf Erden nennt Er einen Kauf, und Er sagt zu allen: Kaufet die Zeit doch aus, denn die Tage sind böse! (Eph 5,16), das heißt: Nützet die Zeit, um himmlische Güter für irdische Waren zu erhalten. Die irdischen Waren sind Tugendwerke, die um Christi willen getan werden, die die Gnade des allheiligen Geistes in uns wirkt, ohne den auch keiner gerettet wird und gerettet werden kann, denn: Durch den Heiligen Geist wird jede Seele belebt und durch Reinigung erhöht, erleuchtet durch die dreifaltige Einheit in heiligem Geheimnis (Antiphon aus der Matutin). Der Heilige Geist selber nimmt Wohnung in unserer Seele, und das Zusammenweilen der Einheit des dreieinigen Gottes mit unserem Geist wird uns nur verliehen, wenn wir unsererseits allseitig den Heiligen Geist erwerben; dieses Erwerben bereitet in unserer Seele und in unserem Leibe den Thron dem göttlichen, allschöpferischen Zusammensein mit unserem Geist, dem unverbrüchlichen Worte Gottes zufolge: Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und ihr Gott sein, und sie werden Mein Volk sein (2 Kor 6,16). Natürlich verleiht jedes Tugendwerk, das um Christi willen getan wird, die Gabe des Heiligen Geistes. Mehr denn alles andere verleiht sie aber das Gebet, weil es gleichsam immer in unseren Händen ist als ein Werkzeug zum Erwerben der Gabe des Geistes. Ihr wolltet zum Beispiel in die Kirche gehen, es ist aber keine Kirche da, oder der Gottesdienst ist schon aus; Ihr wolltet einem Bettler ein Almosen geben, doch ist kein Bettler da oder Ihr habt nichts, ihm zu geben; Ihr wolltet keusch sein, doch Eurer Art nach oder wegen der teuflischen Versuchungen, denen Ihr in Eurer menschlichen Ohnmacht nicht widerstehen könnt, fehlt Euch die Kraft, dies zu tun; oder Ihr wolltet irgendein anderes Tugendwerk um Christi willen verrichten, habt aber die Kraft nicht, oder es will sich keine Gelegenheit bieten. Auf das Gebet aber kann sich das keinesfalls erstrecken: zu ihm hat jedermann die Möglichkeit - der Reiche wie der Arme, der Vornehme wie der Schlichte, der Starke wie der Schwache, der Gesunde wie der Kranke, der Gerechte wie der Sünder. Groß ist die Kraft des Gebets, und sie bringt zuallermeist den Geist Gottes, und am bequemsten ist es für jedermann, es zu verrichten. Durch das Gebet werden wir gewürdigt, mit unserem allgütigen und lebenspendenden Gott und Erlöser zu reden; aber auch hier soll man nur so lange beten, bis sich Gott der Heilige Geist auf uns niederlässt, in den Ihm bekannten Maßen Seiner himmlischen Gnade. Und wenn Er uns zu besuchen geruht, so gebührt es, mit dem Gebet aufzuhören. Warum soll man Ihn dann bitten: 'Komm und nimm Wohnung in uns und reinige uns von allem Makel und erlöse, Gütiger, unsere Seelen' (Gebet an den Heiligen Geist), wenn Er doch schon zu uns gekommen ist, uns schon erlöst hat, uns, die wir auf Ihn hofften und Seinen heiligen Namen in Wahrheit anriefen, das heißt, um Ihm demütig und voller Liebe zu begegnen, Ihm, dem Tröster, im Inneren des Tempels unserer Seelen, die wir hungern und dürsten nach Seinem Kommen.'
'Väterchen', sagte ich, 'da geruht Ihr immer von dem Erwerben der Gnade des Heiligen Geistes als von dem Ziel des christlichen Lebens zu sprechen. Aber wie und wo kann ich es denn sehen? Gute Werke sind zu sehen, kann denn auch der Heilige Geist sichtbar sein? Wie soll ich denn wissen, ob Er mit mir ist oder nicht?'
'Wegen unserer fast allgemeinen Kälte zu dem heiligen Glauben an unseren Herrn Jesus Christus und wegen unserer Unachtsamkeit gegenüber dem Wirken Seiner göttlichen Fürsorge für uns und der Gemeinschaft des Menschen mit Gott sind wir nun so weit gelangt, dass man sagen kann, wir haben uns von dem wahren christlichen Leben fast vollends entfernt. Uns erscheinen nun die Worte der Heiligen Schrift seltsam, wenn wir hören, dass Gott den Menschen erscheint. Da sagen nun einige, diese Stellen wären unverständlich. Haben denn die Menschen Gott wirklich so sichtbar sehen können? Da ist aber nichts Unverständliches. Dieses Nichtverstehen rührt daher, dass wir uns von der freien Weite des ursprünglichen christlichen Schauens entfernt haben, und unter dem Vorwand der Aufklärung sind wir in eine solche Finsternis des Nichtwissens geraten, dass uns bereits unglaubhaft erscheint, was die Alten noch mit solcher Klarheit verstanden haben, dass ihnen auch in gewöhnlichen Gesprächen die Vorstellung vom Erscheinen Gottes nicht seltsam erschien. Gott und die Gnade Seines Heiligen Geistes haben die Menschen nicht im Traum und nicht in der Phantasie geschaut. Als unser Herr Jesus Christus das ganze Werk der Erlösung zu vollenden geruht hatte, blies Er nach Seiner Auferstehung die Jünger an — den Atem des Lebens, den Adam verloren hatte, erneuernd - und schenkte ihnen eben dieselbe Adam zuteil gewordene Gnade des allheiligen Geistes Gottes. Am Tage der Pfingsten sandte Er ihnen feierlich den Heiligen Geist im Sturmeswehen, in Gestalt von feurigen Zungen, die sich auf jeden von ihnen niederließen und in sie drangen und sie erfüllten mit der feuergleichen Kraft der göttlichen Gnade, die taufrisch atmet und freudeschaffend in den Seelen wirkt, die an ihrer Kraft und an ihrem Wirken teilhaben. Die gleiche flammende Gnade des Heiligen Geistes empfangen alle wahren Jünger Christi direkt nach dem Empfang des heiligen Sakramentes der Taufe. Sie wird auf Geheiß der heiligen Kirche auf die wichtigsten Stellen unseres Leibes aufgedrückt, der auf diese Weise zum Gefäß der Gnade wird. So lauten die Worte, die bei der Spendung des heiligen Sakramentes der Firmung gesprochen werden: Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. Was kann wohl das Höchste auf der Welt sein und was kostbarer als die Gaben des Heiligen Geistes, die uns von oben im Sakrament der Taufe und in der Firmung gesandt werden? Denn diese Tauf- und Firmgnade ist so groß und so unerlässlich, so lebenspendend für den Menschen, dass sie selbst einem Häretiker bis an seinen Tod nicht genommen wird. Wenn wir nach unserer Taufe niemals sündigten, so wären wir in alle Ewigkeit heilig, untadelhaft und frei von allem Übel des Fleisches und des Geistes und Gerechte Gottes. Aber das ist ja gerade das Unglück, dass wir, obschon an Alter zunehmend, an Gnade und Weisheit vor Gott nicht zunehmen, wie unser Herr Jesus Christus hierin zugenommen hat, sondern im Gegenteil, indem wir allmählich dem Laster erliegen, gehen wir der Gnade des allheiligen Geistes Gottes verlustig und werden in mannigfacher Weise sündhaft, und zwar zu gar sündhaften Menschen. Wenn aber jemand durch die auf unser Heil bedachte All Weisheit Gottes aufgeweckt wird und sich um ihretwillen entschließt, frühmorgens zu Gott zu flehen und zu wachen, um seiner ewigen Vervollkommnung teilhaft zu werden, so muss dieser, ihrer Stimme gehorsam, zu einer wahrhaften Reue aller seiner Sünden und zur Vollbringung der seinen begangenen Sünden entgegengesetzten Tugendwerken seine Zuflucht nehmen,- dieses vermag er durch den Heiligen Geist, der nach innen hinein in uns wirkt und in uns das Reich Gottes errichtet.
Ich will Euch sagen, damit Ihr noch klarer erfasst, was unter der Gnade Gottes zu verstehen und wie sie zu erkennen ist: Die Gnade des Heiligen Geistes ist ein Licht, das den Menschen durchleuchtet. Gott hat wiederholt vor vielen Zeugen die Wirkung der Gnade des Heiligen Geistes an den Menschen offenbart.'
'Auf welche Weise erfahre ich aber', fragte ich den Starez Vater Seraphim, 'dass ich mich in der Gnade des Heiligen Geistes befinde?'
Seraphim antwortete: 'Ich habe Euch ausführlich klargemacht, wie die Menschen im Geiste Gottes sind und wie man Sein Erscheinen in uns zu verstehen hat. . . Was wollt Ihr denn noch?'
'Ich will‘, sagte ich, 'dass ich das ganz richtig verstehe ...!'
'Erwerben ist dasselbe wie erlangen', antwortete er mir. 'Ihr versteht doch, was es heißt: Erwerben von Geld. Genauso ist es auch mit dem Erwerben des Geistes Gottes. Ihr versteht doch. Euer Gottliebden, was erwerben im weltlichen Sinne bedeutet? Das Ziel des weltlichen Lebens der gewöhnlichen Menschen ist das Erwerben von Geld; beim Adligen aber darüber hinaus noch das Erlangen von Ehren, Auszeichnungen und anderen Belohnungen für dem Staate erwiesene Dienste. Das Erwerben des Geistes Gottes ist ebenfalls ein Kapital, doch ist es ein gnadenreiches und ewiges Kapital; und wie Geld, Standesehren und zeitliche Ehren wird es fast auf dem gleichen Wege erworben, auf einem Wege, der dem andern sehr ähnlich ist.
Gott-Logos, unser Herr, der Gottmensch Jesus Christus, vergleicht unser Leben mit einem Markt, und das Werk unseres Lebens auf Erden nennt Er einen Kauf, und Er sagt zu allen: Kaufet die Zeit doch aus, denn die Tage sind böse! (Eph 5,16), das heißt: Nützet die Zeit, um himmlische Güter für irdische Waren zu erhalten. Die irdischen Waren sind Tugendwerke, die um Christi willen getan werden, die die Gnade des allheiligen Geistes in uns wirkt, ohne den auch keiner gerettet wird und gerettet werden kann, denn: Durch den Heiligen Geist wird jede Seele belebt und durch Reinigung erhöht, erleuchtet durch die dreifaltige Einheit in heiligem Geheimnis (Antiphon aus der Matutin). Der Heilige Geist selber nimmt Wohnung in unserer Seele, und das Zusammenweilen der Einheit des dreieinigen Gottes mit unserem Geist wird uns nur verliehen, wenn wir unsererseits allseitig den Heiligen Geist erwerben; dieses Erwerben bereitet in unserer Seele und in unserem Leibe den Thron dem göttlichen, allschöpferischen Zusammensein mit unserem Geist, dem unverbrüchlichen Worte Gottes zufolge: Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und ihr Gott sein, und sie werden Mein Volk sein (2 Kor 6,16). Natürlich verleiht jedes Tugendwerk, das um Christi willen getan wird, die Gabe des Heiligen Geistes. Mehr denn alles andere verleiht sie aber das Gebet, weil es gleichsam immer in unseren Händen ist als ein Werkzeug zum Erwerben der Gabe des Geistes. Ihr wolltet zum Beispiel in die Kirche gehen, es ist aber keine Kirche da, oder der Gottesdienst ist schon aus; Ihr wolltet einem Bettler ein Almosen geben, doch ist kein Bettler da oder Ihr habt nichts, ihm zu geben; Ihr wolltet keusch sein, doch Eurer Art nach oder wegen der teuflischen Versuchungen, denen Ihr in Eurer menschlichen Ohnmacht nicht widerstehen könnt, fehlt Euch die Kraft, dies zu tun; oder Ihr wolltet irgendein anderes Tugendwerk um Christi willen verrichten, habt aber die Kraft nicht, oder es will sich keine Gelegenheit bieten. Auf das Gebet aber kann sich das keinesfalls erstrecken: zu ihm hat jedermann die Möglichkeit - der Reiche wie der Arme, der Vornehme wie der Schlichte, der Starke wie der Schwache, der Gesunde wie der Kranke, der Gerechte wie der Sünder. Groß ist die Kraft des Gebets, und sie bringt zuallermeist den Geist Gottes, und am bequemsten ist es für jedermann, es zu verrichten. Durch das Gebet werden wir gewürdigt, mit unserem allgütigen und lebenspendenden Gott und Erlöser zu reden; aber auch hier soll man nur so lange beten, bis sich Gott der Heilige Geist auf uns niederlässt, in den Ihm bekannten Maßen Seiner himmlischen Gnade. Und wenn Er uns zu besuchen geruht, so gebührt es, mit dem Gebet aufzuhören. Warum soll man Ihn dann bitten: 'Komm und nimm Wohnung in uns und reinige uns von allem Makel und erlöse, Gütiger, unsere Seelen' (Gebet an den Heiligen Geist), wenn Er doch schon zu uns gekommen ist, uns schon erlöst hat, uns, die wir auf Ihn hofften und Seinen heiligen Namen in Wahrheit anriefen, das heißt, um Ihm demütig und voller Liebe zu begegnen, Ihm, dem Tröster, im Inneren des Tempels unserer Seelen, die wir hungern und dürsten nach Seinem Kommen.'
'Väterchen', sagte ich, 'da geruht Ihr immer von dem Erwerben der Gnade des Heiligen Geistes als von dem Ziel des christlichen Lebens zu sprechen. Aber wie und wo kann ich es denn sehen? Gute Werke sind zu sehen, kann denn auch der Heilige Geist sichtbar sein? Wie soll ich denn wissen, ob Er mit mir ist oder nicht?'
'Wegen unserer fast allgemeinen Kälte zu dem heiligen Glauben an unseren Herrn Jesus Christus und wegen unserer Unachtsamkeit gegenüber dem Wirken Seiner göttlichen Fürsorge für uns und der Gemeinschaft des Menschen mit Gott sind wir nun so weit gelangt, dass man sagen kann, wir haben uns von dem wahren christlichen Leben fast vollends entfernt. Uns erscheinen nun die Worte der Heiligen Schrift seltsam, wenn wir hören, dass Gott den Menschen erscheint. Da sagen nun einige, diese Stellen wären unverständlich. Haben denn die Menschen Gott wirklich so sichtbar sehen können? Da ist aber nichts Unverständliches. Dieses Nichtverstehen rührt daher, dass wir uns von der freien Weite des ursprünglichen christlichen Schauens entfernt haben, und unter dem Vorwand der Aufklärung sind wir in eine solche Finsternis des Nichtwissens geraten, dass uns bereits unglaubhaft erscheint, was die Alten noch mit solcher Klarheit verstanden haben, dass ihnen auch in gewöhnlichen Gesprächen die Vorstellung vom Erscheinen Gottes nicht seltsam erschien. Gott und die Gnade Seines Heiligen Geistes haben die Menschen nicht im Traum und nicht in der Phantasie geschaut. Als unser Herr Jesus Christus das ganze Werk der Erlösung zu vollenden geruht hatte, blies Er nach Seiner Auferstehung die Jünger an — den Atem des Lebens, den Adam verloren hatte, erneuernd - und schenkte ihnen eben dieselbe Adam zuteil gewordene Gnade des allheiligen Geistes Gottes. Am Tage der Pfingsten sandte Er ihnen feierlich den Heiligen Geist im Sturmeswehen, in Gestalt von feurigen Zungen, die sich auf jeden von ihnen niederließen und in sie drangen und sie erfüllten mit der feuergleichen Kraft der göttlichen Gnade, die taufrisch atmet und freudeschaffend in den Seelen wirkt, die an ihrer Kraft und an ihrem Wirken teilhaben. Die gleiche flammende Gnade des Heiligen Geistes empfangen alle wahren Jünger Christi direkt nach dem Empfang des heiligen Sakramentes der Taufe. Sie wird auf Geheiß der heiligen Kirche auf die wichtigsten Stellen unseres Leibes aufgedrückt, der auf diese Weise zum Gefäß der Gnade wird. So lauten die Worte, die bei der Spendung des heiligen Sakramentes der Firmung gesprochen werden: Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. Was kann wohl das Höchste auf der Welt sein und was kostbarer als die Gaben des Heiligen Geistes, die uns von oben im Sakrament der Taufe und in der Firmung gesandt werden? Denn diese Tauf- und Firmgnade ist so groß und so unerlässlich, so lebenspendend für den Menschen, dass sie selbst einem Häretiker bis an seinen Tod nicht genommen wird. Wenn wir nach unserer Taufe niemals sündigten, so wären wir in alle Ewigkeit heilig, untadelhaft und frei von allem Übel des Fleisches und des Geistes und Gerechte Gottes. Aber das ist ja gerade das Unglück, dass wir, obschon an Alter zunehmend, an Gnade und Weisheit vor Gott nicht zunehmen, wie unser Herr Jesus Christus hierin zugenommen hat, sondern im Gegenteil, indem wir allmählich dem Laster erliegen, gehen wir der Gnade des allheiligen Geistes Gottes verlustig und werden in mannigfacher Weise sündhaft, und zwar zu gar sündhaften Menschen. Wenn aber jemand durch die auf unser Heil bedachte All Weisheit Gottes aufgeweckt wird und sich um ihretwillen entschließt, frühmorgens zu Gott zu flehen und zu wachen, um seiner ewigen Vervollkommnung teilhaft zu werden, so muss dieser, ihrer Stimme gehorsam, zu einer wahrhaften Reue aller seiner Sünden und zur Vollbringung der seinen begangenen Sünden entgegengesetzten Tugendwerken seine Zuflucht nehmen,- dieses vermag er durch den Heiligen Geist, der nach innen hinein in uns wirkt und in uns das Reich Gottes errichtet.
Ich will Euch sagen, damit Ihr noch klarer erfasst, was unter der Gnade Gottes zu verstehen und wie sie zu erkennen ist: Die Gnade des Heiligen Geistes ist ein Licht, das den Menschen durchleuchtet. Gott hat wiederholt vor vielen Zeugen die Wirkung der Gnade des Heiligen Geistes an den Menschen offenbart.'
'Auf welche Weise erfahre ich aber', fragte ich den Starez Vater Seraphim, 'dass ich mich in der Gnade des Heiligen Geistes befinde?'
Seraphim antwortete: 'Ich habe Euch ausführlich klargemacht, wie die Menschen im Geiste Gottes sind und wie man Sein Erscheinen in uns zu verstehen hat. . . Was wollt Ihr denn noch?'
'Ich will‘, sagte ich, 'dass ich das ganz richtig verstehe ...!'
Alsdann nahm mich Vater Seraphim ganz fest an die Schultern und sagte:
'Wir beide, ich und du, sind jetzt im Geiste Gottes! - Warum siehst du mich denn nicht an?'
Ich erwiderte: 'Ich kann nicht schauen, weil Blitze aus Euren Augen schießen. Euer Antlitz ist lichter geworden
als die Sonne, und meine Augen tun mir weh!'
Vater Seraphim sagte: 'Fürchtet Euch nicht, auch Ihr seid jetzt ebenso licht geworden, wie ich es bin, Ihr selber
seid jetzt in der Fülle des Geistes Gottes, sonst könntet Ihr mich so nicht erblicken.'
Und indem er seinen Kopf zu mir neigte, sagte er mir leise ins Ohr: 'Danket also Gott, dem Herrn, für die unsagbare Gnade, die Er Euch erweist. Ihr habt gesehen, dass ich mich nicht einmal bekreuzigte, sondern nur in meinem Herzen habe ich in Gedanken zu Gott, dem Herrn, gebetet und habe in meinem Inneren gesagt: O Herr, würdige ihn klar mit leiblichen Augen, die Niederkunft Deines Geistes zu sehen, dessen Du Deine Knechte würdigst, wenn Du in Deiner wunderbaren Herrlichkeit in der Welt zu erscheinen geruhst. Da nun hat Gott sogleich das demütige Gebet des armseligen Seraphim erfüllt. Wie sollten wir beide Ihm denn nicht für diese Seine unsagbare Gnade danken? Diese Gnade Gottes hat Euer erschüttertes Herz getröstet, so wie eine Mutter, die ihre Kinder liebt, auf die Fürbitte der Gottesmutter selber hin. Warum blickt Ihr mir denn nicht in die Augen? Schaut nur einfach hin und fürchtet Euch nicht. Der Herr ist mit uns!'
Nach diesen Worten blickte ich in sein Antlitz, und ein noch größeres ehrfürchtiges Entsetzen überkam mich. Man stelle sich vor, inmitten der Sonne, in der strahlenden Helligkeit ihrer mittäglichen Strahlen - das Antlitz des Menschen, der mit einem spricht. Man sieht, wie sich seine Lippen bewegen, sieht den wechselnden Ausdruck seiner Augen, hört seine Stimme, man fühlt, dass jemand einen an den Schultern hält, aber diese Hände sieht man nicht, man sieht weder sich selber noch seine Gestalt, sondern nur das eine blendende, etliche Klafter weithin strahlende Licht, das mit seinem blendenden Glanz auf der Schneedecke leuchtet, die auf dem Felde liegt, und die Schneeflocken, die von oben niederfallen und mich und den großen Starez bedecken. Wie wäre es möglich, sich den Zustand vorzustellen, in dem ich mich damals befand!..
'Was fühlt Ihr denn jetzt?' fragte mich Vater Seraphim.
'Es ist unbeschreiblich schön', sagte ich.
'Wie denn schön? Wie meint Ihr das?'
Ich antwortete: 'Ich fühle eine solche Stille und einen solchen Frieden in meiner Seele, dass ich es mit gar keinen Worten auszudrücken vermöchte.'
'Das ist', sagte hierauf Vater Seraphim, 'der Friede, von dem der Herr zu Seinen Jüngern gesagt hat: Meinen Frieden gebe Ich euch, nicht wie die Welt gibt, gebe Ich ihn euch. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihrige lieben: weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern Ich euch von der Welt auserwählte, deswegen hasst euch die Welt. Doch habt Zuversicht! Ich habe die Welt besiegt (Jo 14,27; 16,33). Diesen Menschen nun, die von dieser Welt gehasst werden, die der Herr aber erwählt hat, gibt Er den Frieden, den Ihr nun in Euch spürt. Frieden nach dem Apostelwort, der allen Begriff übersteigt (Phil 4,7).'
'Was empfindet Ihr denn noch?' fragte mich Vater Seraphim.
'Eine ungemeine Süße', antwortete ich.
Und er fuhr fort: 'Das ist die Süße, von der in der Heiligen Schrift geschrieben steht: Sie dürfen an der reichen Fülle Deines Hauses sich erlaben; du tränkst sie aus dem Borne Deiner Wonnen (Ps 35,9). Diese Süße nun erfüllt und ergießt sich durch alle unsere Adern in unbeschreiblicher Beseligung. Von dieser Süße schmelzen unsere Herzen gleichsam hin, und wir beide sind von einer Seligkeit erfüllt, die sich mit gar keinen Worten ausdrücken lässt...
Was fühlt Ihr denn noch?'
'Eine ungemeine Freude in meinem Herzen.'
Und Vater Seraphim fuhr fort: 'Wenn der Geist Gottes auf den Menschen niedersteigt und ihn mit der Fülle Seines Kommens überschattet, alsdann wird die menschliche Seele erfüllt von unbeschreiblicher Freude, denn der Geist Gottes schafft freudig alles, gleichviel, woran Er auch rühren mag. Es ist das die nämliche Freude, von welcher der Herr in Seinem Evangelium sagt: »Wenn das Weib Mutter wird, hat sie Leid, weil ihre Stunde kam; wenn sie aber das Kind zur Welt brachte, gedenkt sie nicht mehr der Angst wegen der Freude, dass ein Mensch zur Welt geboren wurde. Auch ihr habt also jetzt zwar Leid, aber Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude euch niemand, rauben« (Jo 16,21-22). Aber wie trostreich diese Freude auch sein mag, die Ihr nun in Eurem Herzen empfindet, so ist sie doch nichtig im Vergleich zu der Freude, von welcher der Herr selber durch den Mund Seines Apostels gesagt hat, dass »was kein Auge sah und kein Ohr hörte und in keines Menschen Herz kam, Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben« (1 Kor 2,9). Ein Vorgeschmack dieser Freude wird uns jetzt gegeben, und wenn wir schon davon eine solche Süßigkeit, Herrlichkeit und Freude in unseren Herzen empfinden, was soll man dann erst von der Freude sagen, die im Himmel denen bereitet ist, die hier auf Erden weinen? Auch Ihr, Väterchen, habt zur Genüge in Eurem Leben Tränen vergossen und sehet nun, mit welcher Freude Euch Gott schon in diesem Leben tröstet.
Was fühlt Ihr denn noch. Euer Gottliebden?'
Ich erwiderte: 'Eine unbeschreibliche Wärme.'
Wie denn das, eine Wärme? Und wir sitzen doch hier im Walde; es ist Winter, und wir haben Schnee zu unseren Füßen, und auf uns liegt wohl mehr als ein Zoll Schnee, und von oben fallen Schneeflocken herab . . . Was mag denn das hier wohl für eine Wärme sein?'
Ich erwiderte: ,So eine Wärme, wie sie in einer Sauna ist, wenn man auf die glühenden Steine Wasser gießt und alsdann der Dampf wie eine Säule hochfährt .. .'
'Und der Geruch?' fragte er mich. 'Ist der denn auch so wie in einer Sauna?'
'Nein', antwortete ich, 'es gibt nichts auf Erden, was diesem Duft zu vergleichen wäre. Als ich noch bei Lebzeiten meiner Mutter gerne tanzte und auf Bälle und Tanzabende fuhr, da kam es wohl vor, dass mich die Mutter mit Parfüm besprengte, das sie in den besten Modegeschäften von Kasan kaufte, aber auch jene Düfte strömten nicht einen solchen Wohlgeruch aus .. .'
Und Vater Seraphim lächelte freundlich und sagte: 'Ich weiß es ja selber, ganz genauso wie Ihr, frage Euch aber absichtlich, ob Ihr es auch so fühlt. Es ist die reinste Wahrheit, Euer Gottliebden! Keine Annehmlichkeit irdischer Düfte ist zu vergleichen mit dem Wohlgeruch, den wir nun empfinden, weil uns jetzt der Wohlgeruch des Heiligen Geistes Gottes umfängt. Was auf der Erde könnte Ihm gleich sein? Achtet wohl darauf. Euer Gottliebden! Ihr habt mir doch gesagt, es wäre ringsum warm wie in einer Sauna. Nun seht aber hin, weder auf Euch noch auf mir schmilzt der Schnee, desgleichen nicht über uns. So ist denn diese Wärme nicht in der Luft, sondern in uns selber. Es ist eben jene Wärme, von der der Heilige Geist uns mit den Worten des Gebetes zu dem Herrn schreien lässt: »Mit der Wärme Deines Heiligen Geistes erwärme mich!« Die von Ihm erwähnten Anachoreten und Anachoretinnen fürchteten den Winterfrost nicht, da sie wie in warme Pelze in die gnadenreichen Gewänder gehüllt waren, die der Heilige Geist webte. So muss es auch in der Tat sein, denn der Gnade Gottes soll in uns wohnen, in unserem Herzen, weil der Herr gesagt hat: »Das Reich Gottes ist inwendig in euch« (Lk 17,21). Mit dem Reich Gottes hat der Herr aber die Gnade des Heiligen Geistes gemeint. Dieses Reich Gottes befindet sich nun in Euch, und die Gnade des Heiligen Geistes umstrahlt und durchwärmt uns und erfüllt mit vielfachem Wohlgeruch die uns umgebende Luft; sie ergötzt unser Fühlen mit himmlischen Wonnen; sie erfüllt unsere Herzen mit unsagbarer Freude. Unser gegenwärtiger Zustand ist der nämliche, von dem der Apostel spricht: Denn das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geiste (Röm 14,17). Unser Glaube besteht nicht in überzeugenden, menschlichen Worten der Weisheit, sondern in den Erscheinungen des Geistes und der Kraft. In diesem Zustand nun befinden wir uns jetzt mit Euch, von diesem Zustand hat auch der Herr gesagt: Es stehen solche hier, die den Tod nicht kosten werden, bis sie das Gottesreich gesehen (Lk 9,27). Einer so unsagbaren Freude also. Euer Gottliebden, hat uns nun Gott, der Herr, für würdig erachtet! - Das bedeutet es also: in der Fülle des Heiligen Geistes sein, von welcher der hl. Makarius von Ägypten schreibt: »Ich bin selber in der Fülle des Heiligen Geistes gewesen.« Mit dieser Fülle des Heiligen Geistes hat nun der Herr auch uns Armselige erfüllt. Nun meine ich aber, dass es nichts mehr zu fragen gibt, Euer Gottliebden, auf welche Weise die Menschen in der Gnade des Heiligen Geistes sind! - Werdet Ihr Euch nun an diese Erscheinung unsagbarer Gnade Gottes, die uns heimgesucht, erinnern?'
'Ich weiß nicht, Väterchen', sagte ich, 'ob der Herr mich für wert finden wird, mich immer so lebhaft und deutlich, wie ich es jetzt fühle, dieser Gnade Gottes zu erinnern.'
Ich erwiderte: 'Ich kann nicht schauen, weil Blitze aus Euren Augen schießen. Euer Antlitz ist lichter geworden
als die Sonne, und meine Augen tun mir weh!'
Vater Seraphim sagte: 'Fürchtet Euch nicht, auch Ihr seid jetzt ebenso licht geworden, wie ich es bin, Ihr selber
seid jetzt in der Fülle des Geistes Gottes, sonst könntet Ihr mich so nicht erblicken.'
Und indem er seinen Kopf zu mir neigte, sagte er mir leise ins Ohr: 'Danket also Gott, dem Herrn, für die unsagbare Gnade, die Er Euch erweist. Ihr habt gesehen, dass ich mich nicht einmal bekreuzigte, sondern nur in meinem Herzen habe ich in Gedanken zu Gott, dem Herrn, gebetet und habe in meinem Inneren gesagt: O Herr, würdige ihn klar mit leiblichen Augen, die Niederkunft Deines Geistes zu sehen, dessen Du Deine Knechte würdigst, wenn Du in Deiner wunderbaren Herrlichkeit in der Welt zu erscheinen geruhst. Da nun hat Gott sogleich das demütige Gebet des armseligen Seraphim erfüllt. Wie sollten wir beide Ihm denn nicht für diese Seine unsagbare Gnade danken? Diese Gnade Gottes hat Euer erschüttertes Herz getröstet, so wie eine Mutter, die ihre Kinder liebt, auf die Fürbitte der Gottesmutter selber hin. Warum blickt Ihr mir denn nicht in die Augen? Schaut nur einfach hin und fürchtet Euch nicht. Der Herr ist mit uns!'
Nach diesen Worten blickte ich in sein Antlitz, und ein noch größeres ehrfürchtiges Entsetzen überkam mich. Man stelle sich vor, inmitten der Sonne, in der strahlenden Helligkeit ihrer mittäglichen Strahlen - das Antlitz des Menschen, der mit einem spricht. Man sieht, wie sich seine Lippen bewegen, sieht den wechselnden Ausdruck seiner Augen, hört seine Stimme, man fühlt, dass jemand einen an den Schultern hält, aber diese Hände sieht man nicht, man sieht weder sich selber noch seine Gestalt, sondern nur das eine blendende, etliche Klafter weithin strahlende Licht, das mit seinem blendenden Glanz auf der Schneedecke leuchtet, die auf dem Felde liegt, und die Schneeflocken, die von oben niederfallen und mich und den großen Starez bedecken. Wie wäre es möglich, sich den Zustand vorzustellen, in dem ich mich damals befand!..
'Was fühlt Ihr denn jetzt?' fragte mich Vater Seraphim.
'Es ist unbeschreiblich schön', sagte ich.
'Wie denn schön? Wie meint Ihr das?'
Ich antwortete: 'Ich fühle eine solche Stille und einen solchen Frieden in meiner Seele, dass ich es mit gar keinen Worten auszudrücken vermöchte.'
'Das ist', sagte hierauf Vater Seraphim, 'der Friede, von dem der Herr zu Seinen Jüngern gesagt hat: Meinen Frieden gebe Ich euch, nicht wie die Welt gibt, gebe Ich ihn euch. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihrige lieben: weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern Ich euch von der Welt auserwählte, deswegen hasst euch die Welt. Doch habt Zuversicht! Ich habe die Welt besiegt (Jo 14,27; 16,33). Diesen Menschen nun, die von dieser Welt gehasst werden, die der Herr aber erwählt hat, gibt Er den Frieden, den Ihr nun in Euch spürt. Frieden nach dem Apostelwort, der allen Begriff übersteigt (Phil 4,7).'
'Was empfindet Ihr denn noch?' fragte mich Vater Seraphim.
'Eine ungemeine Süße', antwortete ich.
Und er fuhr fort: 'Das ist die Süße, von der in der Heiligen Schrift geschrieben steht: Sie dürfen an der reichen Fülle Deines Hauses sich erlaben; du tränkst sie aus dem Borne Deiner Wonnen (Ps 35,9). Diese Süße nun erfüllt und ergießt sich durch alle unsere Adern in unbeschreiblicher Beseligung. Von dieser Süße schmelzen unsere Herzen gleichsam hin, und wir beide sind von einer Seligkeit erfüllt, die sich mit gar keinen Worten ausdrücken lässt...
Was fühlt Ihr denn noch?'
'Eine ungemeine Freude in meinem Herzen.'
Und Vater Seraphim fuhr fort: 'Wenn der Geist Gottes auf den Menschen niedersteigt und ihn mit der Fülle Seines Kommens überschattet, alsdann wird die menschliche Seele erfüllt von unbeschreiblicher Freude, denn der Geist Gottes schafft freudig alles, gleichviel, woran Er auch rühren mag. Es ist das die nämliche Freude, von welcher der Herr in Seinem Evangelium sagt: »Wenn das Weib Mutter wird, hat sie Leid, weil ihre Stunde kam; wenn sie aber das Kind zur Welt brachte, gedenkt sie nicht mehr der Angst wegen der Freude, dass ein Mensch zur Welt geboren wurde. Auch ihr habt also jetzt zwar Leid, aber Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude euch niemand, rauben« (Jo 16,21-22). Aber wie trostreich diese Freude auch sein mag, die Ihr nun in Eurem Herzen empfindet, so ist sie doch nichtig im Vergleich zu der Freude, von welcher der Herr selber durch den Mund Seines Apostels gesagt hat, dass »was kein Auge sah und kein Ohr hörte und in keines Menschen Herz kam, Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben« (1 Kor 2,9). Ein Vorgeschmack dieser Freude wird uns jetzt gegeben, und wenn wir schon davon eine solche Süßigkeit, Herrlichkeit und Freude in unseren Herzen empfinden, was soll man dann erst von der Freude sagen, die im Himmel denen bereitet ist, die hier auf Erden weinen? Auch Ihr, Väterchen, habt zur Genüge in Eurem Leben Tränen vergossen und sehet nun, mit welcher Freude Euch Gott schon in diesem Leben tröstet.
Was fühlt Ihr denn noch. Euer Gottliebden?'
Ich erwiderte: 'Eine unbeschreibliche Wärme.'
Wie denn das, eine Wärme? Und wir sitzen doch hier im Walde; es ist Winter, und wir haben Schnee zu unseren Füßen, und auf uns liegt wohl mehr als ein Zoll Schnee, und von oben fallen Schneeflocken herab . . . Was mag denn das hier wohl für eine Wärme sein?'
Ich erwiderte: ,So eine Wärme, wie sie in einer Sauna ist, wenn man auf die glühenden Steine Wasser gießt und alsdann der Dampf wie eine Säule hochfährt .. .'
'Und der Geruch?' fragte er mich. 'Ist der denn auch so wie in einer Sauna?'
'Nein', antwortete ich, 'es gibt nichts auf Erden, was diesem Duft zu vergleichen wäre. Als ich noch bei Lebzeiten meiner Mutter gerne tanzte und auf Bälle und Tanzabende fuhr, da kam es wohl vor, dass mich die Mutter mit Parfüm besprengte, das sie in den besten Modegeschäften von Kasan kaufte, aber auch jene Düfte strömten nicht einen solchen Wohlgeruch aus .. .'
Und Vater Seraphim lächelte freundlich und sagte: 'Ich weiß es ja selber, ganz genauso wie Ihr, frage Euch aber absichtlich, ob Ihr es auch so fühlt. Es ist die reinste Wahrheit, Euer Gottliebden! Keine Annehmlichkeit irdischer Düfte ist zu vergleichen mit dem Wohlgeruch, den wir nun empfinden, weil uns jetzt der Wohlgeruch des Heiligen Geistes Gottes umfängt. Was auf der Erde könnte Ihm gleich sein? Achtet wohl darauf. Euer Gottliebden! Ihr habt mir doch gesagt, es wäre ringsum warm wie in einer Sauna. Nun seht aber hin, weder auf Euch noch auf mir schmilzt der Schnee, desgleichen nicht über uns. So ist denn diese Wärme nicht in der Luft, sondern in uns selber. Es ist eben jene Wärme, von der der Heilige Geist uns mit den Worten des Gebetes zu dem Herrn schreien lässt: »Mit der Wärme Deines Heiligen Geistes erwärme mich!« Die von Ihm erwähnten Anachoreten und Anachoretinnen fürchteten den Winterfrost nicht, da sie wie in warme Pelze in die gnadenreichen Gewänder gehüllt waren, die der Heilige Geist webte. So muss es auch in der Tat sein, denn der Gnade Gottes soll in uns wohnen, in unserem Herzen, weil der Herr gesagt hat: »Das Reich Gottes ist inwendig in euch« (Lk 17,21). Mit dem Reich Gottes hat der Herr aber die Gnade des Heiligen Geistes gemeint. Dieses Reich Gottes befindet sich nun in Euch, und die Gnade des Heiligen Geistes umstrahlt und durchwärmt uns und erfüllt mit vielfachem Wohlgeruch die uns umgebende Luft; sie ergötzt unser Fühlen mit himmlischen Wonnen; sie erfüllt unsere Herzen mit unsagbarer Freude. Unser gegenwärtiger Zustand ist der nämliche, von dem der Apostel spricht: Denn das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geiste (Röm 14,17). Unser Glaube besteht nicht in überzeugenden, menschlichen Worten der Weisheit, sondern in den Erscheinungen des Geistes und der Kraft. In diesem Zustand nun befinden wir uns jetzt mit Euch, von diesem Zustand hat auch der Herr gesagt: Es stehen solche hier, die den Tod nicht kosten werden, bis sie das Gottesreich gesehen (Lk 9,27). Einer so unsagbaren Freude also. Euer Gottliebden, hat uns nun Gott, der Herr, für würdig erachtet! - Das bedeutet es also: in der Fülle des Heiligen Geistes sein, von welcher der hl. Makarius von Ägypten schreibt: »Ich bin selber in der Fülle des Heiligen Geistes gewesen.« Mit dieser Fülle des Heiligen Geistes hat nun der Herr auch uns Armselige erfüllt. Nun meine ich aber, dass es nichts mehr zu fragen gibt, Euer Gottliebden, auf welche Weise die Menschen in der Gnade des Heiligen Geistes sind! - Werdet Ihr Euch nun an diese Erscheinung unsagbarer Gnade Gottes, die uns heimgesucht, erinnern?'
'Ich weiß nicht, Väterchen', sagte ich, 'ob der Herr mich für wert finden wird, mich immer so lebhaft und deutlich, wie ich es jetzt fühle, dieser Gnade Gottes zu erinnern.'
'Ich meine aber', antwortete mir Vater Seraphim, 'dass Gott Euch helfen wird, dieses für immer in Eurem Gedächtnis zu bewahren, denn sonst hätte sich Seine Gnadenfülle nicht so augenblicklich einem demütigen Flehen geneigt und hätte nicht so bald geruht, den armseligen Seraphim zu erhören, umso mehr, als es nicht Euch allein gegeben ist, dieses zu erkennen, sondern durch Euch der ganzen Welt, auf dass Ihr Euch selber festigt im Werke Gottes und auch anderen nützlich sein könntet. Was aber das betrifft, dass ich Mönch, Ihr aber Laie seid, so will das gar nichts besagen. Gott fragt nach dem rechten Glauben an Ihn und Seinen eingeborenen Sohn. Hierfür wird auch der Überfluss von oben, die Gnadengabe des Heiligen Geistes, gespendet; Gott sucht ein von Liebe zu Gott und dem Nächsten erfülltes Herz, das ist der Thron, auf dem Er zu sitzen liebt und auf dem Er in der Fülle Seiner himmlischen Herrlichkeit erscheint. Gib Mir, mein Sohn, dein Herz, sagt Er, und Ich will dir alles andere zufallen lassen; denn in dem Herzen des Menschen ist das Reich Gottes. Da Er ja jedem von uns nicht fern ist. Denn in Ihm leben wir und bewegen wir uns und sind wir (Apg 17,27), wenn wir Ihn nur lieben, unseren himmlischen Vater, wahrhaft nach Sohnesweise. Der Herr erhört gleichermaßen den Mönch und den Laien, den einfachen Christen, wenn nur beide rechtgläubig sind und beide Gott aus der Tiefe ihrer Seelen lieben und beide den Glauben an Ihn haben, wenn auch nur wie ein Senfkorn, und sie beide werden dann Berge bewegen. »Einer wird Tausende schlagen, zwei aber -Legionen.« Gott selber sagt: Dem, der da glaubt, ist alles möglich; der hl. Apostel Paulus aber ruft vor aller Welt aus: Alles vermag ich in dem, der mir die Kraft dazu verleiht (Phil 4,13). Und redet nicht unser Herr Jesus Christus noch wunderbarer von denen, die an Ihn glauben: Wer an Mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die Ich tue, und noch größere als diese wird er tun, denn Ich gehe zum Vater. Und Ich werde Ihn für euch bitten, dass unsere Freude erfüllt werde. Bisher batet ihr um nichts in Meinem Namen, bittet, und ihr werdet empfangen (Jo 16,24). So also. Euer Gottliebden, werdet Ihr alles von Gott, dem Herrn, empfangen, worum Ihr Ihn bitten werdet, wenn das nur zum Ruhme Gottes oder zum Nutzen des Nächsten gereicht, weil Er auch den Nutzen des Nächsten zu Seinem Ruhme rechnet, weswegen Er Euch sagt: Alles, was ihr der Geringsten einem getan habt, das habt ihr Mir getan (Mt 25,40). So habt denn gar keine Zweifel, dass Gott, der Herr, Eure Gebete nicht erhören würde, wenn sie nur zum Ruhme Gottes und zum Nutzen und zur Erbauung der Nächsten beitragen. Aber selbst dann, wenn Ihr etwas für Euren eigenen Nutzen oder Vorteil braucht, wird Euch sogar dieses Gott, der Herr, ebenso schnell und wohlgeneigt zuwenden, nur dass Eure Not und Bedürftigkeit wirklich groß ist, denn Gott liebt, die Ihn lieben; der Herr ist gütig in allen Dingen: Er erfüllt den Willen derer, die Ihn fürchten, und erhört ihr Gebet.'
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